Doc Rods Flyfishing

 

Lachsurlaub Nor Trøndelag Norwegen 2008

Haben Sie schon einmal etwas vom Øyensåa in Nor Trøndelag gehört?

Nein? Ging mir ähnlich als ich den diesjährigen (2008) norwegischen Lachsurlaub geplant habe. Wir wollten auf alle Fälle in Mittelnorwegen fischen und hatten uns dieses Jahr die Region um den Namsen ausgewählt. Da wir an den Juli gebunden waren, wollten wir auf alle Fälle einen Fluss befischen, der relativ unabhängig vom Wasserstand ist, jedenfalls was die Lachsfänge angeht. Bei unseren Recherchen sind wir auf den Øyensåa aufmerksam geworden, der größte der 3 Flüsse, die sich zum Årgårdselva vereinigen, einem der besten Grilsflüsse Norwegens. Der Øyensåa liegt ca. 35km südwestlich von Namsos. Wir dachten, dass es aufgrund der schlechten Wettervorhersagen für den Sommer nicht schlecht sei erstmal an einem relativ sicheren Fluss unseren Trip zu beginnen. Der Øyensåa wird von einem See gespeist, liegt nah am Meer (ca. 4-7 km) und bietet so verhältnismäßig sichere Chancen für Lachs. Und so ging es Ende Juli an den Øyensåa, von dem ich vorher noch nichts gehört hatte. Das Wetter war alles andere „Lachs freundlich“. Über 30 Grad und keine Wolke am Himmel und das auch noch für die ganzen 10 Tage waren alles andere, als ich mir vorgestellt habe. Was soll’s… Es gilt das Beste daraus machen. Der erste Blick auf den Fluss nach der langen Anreise mehr als ernüchternd. Sehr wenig Wasser.


Es hatte die letzten 3 Wochen keinen Tropfen geregnet. Bei Tageshöchstwerten von über 30 Grad wollten wir uns verstärkt die Abend- und Nachststunden vornehmen. Die erste Nacht am Øyensåa war wie erwartet. Obwohl wir mit leichten Einhandruten und Mini-Double-Hooks fischten blieb nichts hängen. Außer einigen schönen Sprüngen von den im Fluss verbliebenen Lachsen, blieben keine Eindrücke zurück. Das war nun wirklich nicht der Auftakt, den wir haben wollten. Der Urlaub drohte im Desaster zu enden.

Am nächsten Tag beschlossen wir uns die anderen Flüsse in der Umgebung anzusehen. Da wäre zum einen der Årgårdselva der 3km lange Endlauf nach Mündung des Øyensåa, Austerelva und der Ferga. Natürlich hatte der Årgård einen ähnlichen Wasserstand wie der Øyensåa. Auf dem Weg nach Namsos überquert man in Bangsund die Bogna. Ebenfalls ein kleiner Lachsfluss mit langen Flusslauf und guten Lachsbeständen. Allerdings wurde hier in den letzten 2 Wochen leider kein Fisch gefangen. Also ging es weiter zum Namsen. Wenn man das erste Mal über diesen gewaltigen Strom fährt, kommt man schon ins Staunen. Wir fuhren zuerst nach Overhalla um uns vor Ort Informationen über die aktuellen Lachsfänge zu holen. Und die waren mehr als dürftig. Keiner machte uns Mut, irgendwo in dieser Gegend überhaupt einen Lachs bei diesen Bedingungen zu fangen. In der Lachsbörse des Namsen gab es die letzten Wochen wenig Einträge. Also erstmal zurück in die Hütte und den Schock verdauen. Hilfreich dabei war ein guter Single Malt...

Die nächste Nacht haben wir am Årgårdselva gefischt. Der Årgård wurde als sehr sicherer Lachsfluss mit Lachsen bei jedem Wetter im Internet und mehreren Artikeln angepriesen und wurde trotz der schwierigen Verhältnisse seinem Ruf gerecht. Es war sehr viel Fisch im Fluss. Die meisten Fische waren zwischen 1 und 2 kg schwer. Wir sahen aber auch einige schöne Fische über 4kg, viele davon waren noch nicht angefärbt. Es dauerte aber eine ganze Weile, bis der erste Lachs die Fliege nahm. Der Årgård lässt sich sehr gut mit der Einhand befischen, vor allem bei Niedrigwasser.


Und so bekam ich den ersten Biss auf eine kleine Stoats Tail. Ein guter Fisch, frisch und gut 3kg schwer. Leider hielt die Pechsträhne an und der Fisch ging nach einigen Minuten in einem schönen Sprung verloren. Da fehlen einem die Worte, wenn unter so schwierigen Bedingungen vielleicht er einzige Fisch im kühlen Nass verschwindet. Apropos kühl, das Wasser hatte am Tag um 22-24 Grad. Nach diesem Schock ging es aber mit deutlich mehr Motivation zu Werke. Ein wenig später konnte Cornelius den ersten kleinen Grils auf eine kleine schwarze Åfjordfly nach schönem Drill landen.

 

Auch dieser Fisch war frisch. Das hatten wir nicht  gedacht. Es geht also doch etwas! Leider war dann erstmal Schluss und wir mussten bis zum Morgengrauen warten, um doch noch ein grandioses Finale zu erleben. Als wir den Fluss stromaufwärts abschritten viel uns ein kleiner, sehr unscheinbarer Pool auf, in dem ein wenig Aktivität war. Natürlich machten wir ein paar Würfe und Cornelius bekam sofort einen Biss auf einen dreggenden Double Hook. Sofort wurde eine kleine schwarze Riffling Hitch montiert. Leider passierte vorerst nichts. Aber es kam Leben in den Pool. Vielleicht ausgelöst durch die dreggende Hitch? Jedenfalls bissen die Lachse plötzlich. Was gibt es aufregenderes, als einen Lachs auf die „Trockenfliege“, oder bzw. Hitch zu fangen. Wir konnten noch 3 weitere Fische bis 2.5kg landen und verloren einen sehr schönen Fisch um die 4kg.


Viele Bisse konnten nicht verwertet werden, da die Lachse einfach in das von der Hitch verursachte „V“ auf dem Wasser hineinstießen. Was für ein Morgen!!!

So eine Nacht sollte schwer zu toppen sein. Wir wollten aber nicht zu weit weg von unserer Stelle des Triumphs, also beschlossen wir am unteren Abschnitt des Øyensåa zu fischen. Diese Fly only Strecke ist landschaftlich sehr reizvoll. Der Bernefossen mit Lachstreppe und der stromab gelegene Flussabschnitt ist auf alle Fälle eine Reise wert. Etwas unterhalb des Wasserfalls gibt es einen Pool, der eher einer Foltermaschine für den Fliegenfischer gleicht. Dieser Pool führte bei diesen Witterungsverhältnissen noch viel Wasser und war sehr tief. Natürlich führte der Fluss sehr wenig Wasser, weswegen so gut wie keine Strömung im Pool war. Warum nun Folter? Nun ja, ich weiß nicht wie viele Lachse wir springen gesehen haben. Manchmal direkt vor den Füssen. Dieser Pool war voller Fisch. Nur leider war keiner dabei, der auch nur das geringste Interesse an einer Fliege hatte. Wir haben alles probiert, aber nichts blieb hängen, außer jede Menge Frust. Den nächsten Abend ging es mit den neu gewonnenen Kenntnissen wieder etwas stromauf an den Øyensåa. Leider auch nur mit mäßigem Erfolg. Zwar bekamen wir ein paar vorsichtige Bisse, konnten aber keinen Fisch landen, geschweige denn haken.

 


So kann es nicht weiter gehen. Die teuren Tageskarten am Årgård ließen nicht viel Spielraum, so dass wir die Zelte abbrachen und unser Glück 2 Tage an der Bjora versuchen wollten. Die Bjora, eher ein Niederungenfluss, mündet bei Overhalla in den Namsen und ist als Großlachsfluss bekannt. Sie wird gern von Fliegenfischern (auch vom norwegischen König) aufgrund der hohen Durchschnittsgewichte der Lachse und der Gewässerbeschaffenheit befischt. Sie ist fast durchgängig mit der 2-Hand-Fliegenrute von Land aus zu befischen und bietet Chancen Fische jenseits der 10kg an die Fliege zu bekommen. Desweiteren hat die Bjora im Spätsommer einen guten Aufstieg an Meerforellen, die jedes Jahr in Gewichten bis 3kg gefangen werden.


Diese Fische konnten wir bei unserem Versuch auch bewundern. Die großen Lachse konnten wir zwar nur aus der Ferne bei ihren Sprüngen bewundern, die Meerforellen allerdings schon eher aus der Nähe. Allerdings waren die Größen eher noch ausbaufähig und die Fische somit klein. Deshalb konnten wir bei Abreise außer einigen kleinen Meerforellen und einem im Drill verlorenen Grils nichts vorweisen.

Nach gutem Beginn machte sich langsam ein persistierender Frust breit. Die durchgefischten Nächte zollten ihren Tribut. Nächster Fluss...

Es ging endlich an den „Mighty Namsen“.


Wir wollten die Seter Namsen Strecke ausprobieren. Durch die Lachstreppe am Fiskumfossen kommen die Lachse in den oberen Flusslauf und auch zum Seter Namsen, ein Abschnitt mit Fly only Strecke, die erst seit 2006 befischt werden darf. Auf dem Weg dorthin sollte man sich ein wenig Zeit nehmen um sich das Lachsmuseum am Fiskumfossen anzuschauen. Beeindruckend ist vor allem die zu besichtigende Lachstreppe, in der man durch ein eingebautes Aquarium die Lachse bei ihrer Wanderung beobachten kann. Weiterhin gibt es ein Aquarium, in dem man Lachsriesen bis an die 15 kg bewundern kann. Mit der Fliegenrute kommt man sich allerdings am Namsen irgendwie verloren vor. Im Abschnitt Seter Namsen ist der Fluss bis zu 100m breit und sehr abwechslungsreich. Erfolg versprechend ist vor allem der Einlauf des Aunfoss Kraftwerks. Ab hier beginnt die Fly only Strecke. Für diesen ca. 2.5km langen Abschnitt werden 5 Karten pro Tag ausgegeben.






An dieser Stelle konnten wir viele Lachse beobachten. Leider war es auch hier sehr schwer die Fische bei diesen subtropischen Temperaturen an den Haken zu bekommen. Nach vielen frustranen Versuchen konnten wir schließlich nach einigen vorsichtigen Bissen einen schönen Grils von 1.5kg fangen. Kein Riese, aber unter diesen… Was soll ich schreiben? Habe mich trotzdem riesig gefreut!

Fast der gesamte Urlaub war nun schon vorbei. Zwar hatten wir schon unvergessliche Eindrücke bei diesem Wetter am Wasser sammeln können und immerhin schon einige Lachse fangen könne, doch wenn man mal ehrlich ist hofft man ja noch bis zuletzt…

Und auch wir sollten nicht enttäuscht werden.

Ach ja, eigentlich wollte ich ja hauptsächlich etwas über den Øyensåa schreiben. Wie sollte es anderes sein. Wir entschlossen uns zu einer Rückkehr zum Ausgangspunkt unserer „Tour de Lachs“ und wollten die verbliebenen Tage am Øyensåa verbringen.


Wir entschieden uns für den Abschnitt unterhalb und am Bernefossen und sollten noch eine Fischerei der Extraklasse erleben. Mit etwas Glück erwischten wir die Phasen in den frühen Morgen- und Nachtstunden, in denen Aktivität in den guten Pools war und so konnten wir auf schwarze Minitubes doch noch einige schöne Fische landen. Die Grilse waren fast alle noch blank und um 1-1.5kg schwer. Die Krönung war ein wunderschönes Lachsweibchen von 6kg am letzten Tag direkt am Bernefossen (natürlich released!!!). Was für ein Anschluß!!!










 


Unter schwierigsten Bedingungen konnten wir Lachse in guten Größen fangen. Die Angler, die wir auf unserer Tournee getroffen hatten, gingen meist leer aus.

So wundert es nicht, als wir auf den Zeitungsartikeln am Bernefossen gelesen haben, wie gut sich dieser Kleinlachsfluss entwickelt hat. 2008 war allerdings ein besonderes Jahr. Es wurden enorm viele Großlachse bis 9.8kg im Øyensåa gefangen. Und der Besitzer der Lachstreppe am Bernefossen Arnstein Berg sprach von über 1000 Fischen bis 1.1m, die die Lachstreppe erfolgreich hinter sich gebracht haben und per Kamera dokumentiert worden sind. Eins ist klar, vom Øyensåa wird man sicher in Zukunft noch einiges hören. Zwar hat man nicht die Garantie Großlachse an die Fliege zu bekommen, aber der Fluss bietet eine atemberaubende Landschaft. Und wer möchte nicht einen Lachs vor einer so schönen Kulisse wie dem Bernefossen Wasserfall drillen...